Die Genossenvorstellung: Dr. Sven Köppel
2025.01.31 | Jonas Krüger

Die vielen Interpretationen der Genossenschaft
Irgendwo zwischen „Beratungsbude“ und „Vermittlernetzwerk.“ Da liegt für Dr. Sven Köppel, Gründungsgenosse und zweifachen Aufsichtsrat der DenktMit eG das Konzept der Genossenschaft. Klar ist für ihn aber auch: „man kann die Genossenschaft interpretieren.“ Für den einen ist die Genossenschaft ein Projektvermittler, durch welchen man leichter an Aufträge kommt, ein anderer schätzt wiederum die Freiheit, die die Teilhabe an einer Genossenschaft bietet.
Diese Freiheit, dieser „alles kann, nichts muss“-Grundgedanke der Genossenschaft, also eigens gewählten IT-Projekten beitreten zu können, ohne eine feste Verpflichtung gegenüber der Genossenschaft zu besitzen, begeistert den promovierten Physiker seit jeher. Bis 2019 ist er noch am Institute for Advanced Studies der Goethe-Universität Frankfurt tätig, wo er Marius Schmidt, den heutigen Vorstand, kennenlernt, der für die selbe Idee brennt. Daher entschließen sich die beiden mit acht anderen Entwicklern, die DenktMit eG zu Gründen. Und das obwohl Sven zu diesem Zeitpunkt bereits beide Hände voll zu tun hat mit seinem eigenen StartUp, der Anabrid GmbH. Aber was muss das muss: Die Idee einer Genossenschaft für IT-Selbstständige erscheint Sven zu sinnvoll, als das er nicht ihre Gründung mitgestalten möchte.
Die Anfangsphase prägt Sven dann vor allem in seiner Funktion als Aufsichtsrat. Heute existierende Strukturen und Prozesse erarbeitet er mit, dabei ist er immer in der moderierenden Funktion zwischen Genossen und Vorstand unterwegs; „ein Stückweit ist es immer auch Good-Cop/Bad-Cop“, fasst Sven seine Tätigkeit im Aufsichtsrat zusammen.
Die Genossenschaft – Ein Rückhalt für das eigene Start-Up
Sven schätzt die Abwechslung in der Genossenschaft, nur Aufsichtsrat zu sein wäre ja auch langweilig. So mag er es ebenso, manchmal „nur“ „Code Monkey“ sein zu müssen, analysiert beispielsweise mit Marius Datensätze für eine Wirtschaftsprüfung zwischen den Jahren. „Die eG hats total einfach gemacht, sowas umzusetzen“, erklärt Sven. Denn die Einstiegshürde, als Solo-Selbstständiger sich erst mühsam einen Kundenstamm aufbauen zu müssen, um erfolgreich wirtschaften zu können, falle durch die Genossenschaft weg.
The Analog Thing (THAT), Analogcomputer der Anabrid GmbH
Auch der Zeitpunkt ist ein äußerst günstiger für Sven, denn seinem Start-Up bricht in dieser Zeit die Anfangsfinanzierung weg: rote Zahlen. Die beiden Aufträge, die Sven mit der DenktMit erledigt sind dementsprechend ein gerngesehenes Nebeneinkommen. Auch das kann die Genossenschaft also sein: ein Rückhalt für das eigene Start-Up in schwierigen Zeiten. Eine Rechnung die sich heute, gut zwei Jahre später, vollkommen ausgezahlt hat.
Die Anabrid wurde 2024 mit dem Red Dot-Award, einem Preis für exzellente Produktgestaltung, geehrt. Preisträger, neben den mittlerweile rund 20 Mitarbeitern ist The Analog Thing (THAT), ein moderner Analogcomputer, die Spezialität der Anabrid. Denn die Anabrid miniaturisiert analoge Computertechnik aus dem 20. Jahrhundert und will sie auf moderne Mikrochips übertragen. Mit einem digitalen Interface kann dieser angesteuert werden, komplexe mathematische Differentialgleichung lassen sich damit 1000 Mal schneller und 10.000 mal energieeffizienter lösen, als es mit den digitalen „Cousins“ möglich wäre.
Sven und analoge Rechner – Seine Begeisterung hat „Geschichte“
Wer Technik aus dem 20. Jahrhundert in die Jetztzeit holen will muss sich mit ihr auch gut auskennen. Und genau das tut Sven, zum Beispiel in seiner Freizeit, als Mitglied des 2018 geerbten Computermuseums technikum29. Bei Rechnern aus den 1960ern, die sich durch ihre „schlafzimmer-kleiderschrank-große Röhren“ und „altertümliche Rechenelemente“ auszeichnen gerät Sven immer wieder ins Schwärmen: „das Verrückte ist halt, das war damals Hightech […] die Menschheit ist zum Mond geflogen dank Analogrechnern.“
Computermuseum technikum29 in Kelkheim (Taunus)
Die Technik lebendig zu halten und Wissen weiterzugeben ist dabei ein besonderes Anliegen von Sven, alle Rechner sind funktionsfähig: „du kannst bei uns hingehen und Lochkarten stanzen.“ Das Wissen über die mitentwickelten Analogrechner, existierende und kommende, der Anabrid an die Genossenschaft weiterzugeben ist dann aber doch noch Zukunftsmusik.